Kanton Nidwalden: Polizeiliche Kriminalstatistik 2023

Im Jahr 2023 entwickelte sich im Kanton Nidwalden die Sicherheitslage insgesamt positiv, indem die Gesamtzahl der Straftaten um 7% gesunken ist.

Insbesondere konnte ein Rückgang bei Einbruchdiebstählen, Verstössen gegen die sexuelle Integrität und in der digitalen Kriminalität verzeichnet werden.

Neue Herausforderungen ergeben sich hingegen durch einen Anstieg der Straftaten in spezifischen Deliktskategorien, darunter häusliche Gewalt, Diebstähle aus nicht verschlossenen Fahrzeugen sowie Konkurs- und Betreibungsdelikten.

Zwar konnte die Kantonspolizei Nidwalden komplexe Fälle erfolgreich bearbeiten, ist aber aufgrund der knappen Personalressourcen und der stetig steigenden Anforderungen an die Ermittlungsarbeit in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Sie kann deshalb in gewichtigen Deliktsfeldern wie dem Drogenhandel nur eingeschränkt agieren. Trotz dieser Herausforderungen bestätigt die polizeiliche Kriminalstatistik eine stabile und sichere Situation im Kanton Nidwalden.

Die Zahl der im Kanton Nidwalden polizeilich festgestellten Delikte gemäss Strafgesetzbuch (StGB) hat im Jahr 2023 (1’078) gegenüber dem Vorjahr (1’120) leicht abgenommen (-4%). Die Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz sind seit längerem rückläufig und haben auch im Jahr 2023 um 23% (-13 Straftaten) abgenommen. Beim Ausländer- und Integrationsgesetz ergab sich ebenfalls eine Abnahme der Verstösse um 64% (-34 Straftaten). Die starke Abnahme der Widerhandlungen gegen das Ausländerrecht ist vornehmlich auf einen Fall im September 2022 zurückzuführen, als 23 illegale Flüchtlinge in einem Lieferwagen aufgegriffen werden konnten.

Insgesamt wurden 305 beschuldigte Personen registriert, was im Vergleich zum Vorjahr (320 Personen) einen Rückgang von 4,7% darstellt. Die Aufklärungsquote liegt mit 43,6% (2022: 38%) deutlich über dem schweizerischen Durchschnitt (38,5%; 2022: 40,8%). Allerdings wird die Aufklärung von Delikten zunehmend aufwändiger und komplexer. Dies liegt nicht nur an der internationalen Vernetzung und dem professionellen Vorgehen der Täterschaft, die über beträchtliche finanzielle Mittel verfügt, sondern auch an einer Reihe weiterer Faktoren, die die Ermittlungsarbeit erschweren. Auch Kriminelle nutzen fortschrittliche Technologien für die Ausführung von Delikten, was für die Ermittlungsbehörden nicht nur eine ständige Aktualisierung ihrer technischen Kompetenzen, sondern auch erhebliche Investitionen in die neuste Ermittlungstechnologie erfordert. Zudem führt die Globalisierung zu einer Erhöhung der Mobilität von Personen, Waren und Kapital, was transnationale kriminelle Netzwerke begünstigt. Diese grenzüberschreitende Natur der Kriminalität stellt eine erhebliche Herausforderung für die Ermittlungsbehörden dar, da sie eine Koordination über verschiedene Rechts- und Verwaltungssysteme hinweg notwendig macht. Ein weiterer Aspekt ist die zunehmende Verschleierung der kriminellen Aktivitäten durch die Nutzung komplexer Finanzinstrumente wie Kryptowährungen. Diese Mittel erschweren die Nachverfolgung illegaler Transaktionen und die Identifizierung der dahinterstehenden Personen. Schliesslich bietet auch die digitale Welt ein verstecktes Umfeld, in dem Kriminelle agieren können, ohne leicht identifiziert zu werden. Die Anonymisierungsmöglichkeiten im Internet erschweren die Zuordnung von Straftaten zu realen Personen und erfordern innovative Ansätze und Werkzeuge für die Ermittlungsarbeit. Trotz dieser wachsenden Komplexität und den vielfältigen Herausforderungen bleibt die Aufklärung von Delikten eine zentrale Aufgabe der Polizei. Die Anpassungen an neue Bedrohungen, die stetige Weiterbildung und eine verstärkte nationale und internationale Zusammenarbeit sind unerlässlich, um effektiv gegen die Kriminalität vorzugehen und die Sicherheit der Gesellschaft zu gewährleisten.

Vermögensdelikte: Massive Zunahme von Diebstählen aus Fahrzeugen und von Konkurs- und Betreibungsdelikten

Die Vermögensdelikte sind im Vergleich zum Vorjahr etwa auf dem gleichen Niveau (-2%). Vermögensdelikte machen den weitaus grössten Teil der polizeilich registrierten Straftaten gegen das StGB aus (642 Straftaten bzw. 59,6%). Davon entfallen 57,9% auf Diebstähle (inkl. Fahrzeugdiebstähle). Besonders gross war der Anstieg bei den Diebstählen aus unverschlossenen Fahrzeugen (+62 Straftaten bzw. +775%). In den meisten Fällen haben es die Täter auf Bargeld, Wertgegenstände, Taschen und elektronische Geräte abgesehen, welche gut sichtbar im Fahrzeug liegen. Von Diebstählen betroffen sind Fahrzeuge jeder Art, die sowohl auf öffentlichen als auch auf privaten Parkplätzen und in Garagen stehen. Bei den Einbruchdiebstählen konnte ein Rückgang von 36% registriert werden. Der Trend der verübten Einbrüche ist auch im mehrjährigen Vergleich weiterhin sinkend:



Die Broschüre «Riegel vor!» der Schweizerischen Kriminalprävention gibt Tipps, wie man Wohnungen und Häuser gegen Einbrecher schützen kann (www.skppsc.ch).

Ebenfalls einen erheblichen Teil der Vermögensstraftaten machen Sachbeschädigungen aus (121 Straftaten bzw. 18,8%). 36,4% aller Sachbeschädigungen erfolgten im Zusammenhang mit Diebstählen (44 Straftaten). Ebenso zugenommen haben unter anderem der betrügerische Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (+15 Straftaten bzw. +56%) und die Sachentziehung (+3 Straftaten bzw. +60%). Die Betrüge haben insgesamt um 8% (-8 Straftaten) abgenommen, bilden jedoch immer noch 14% aller Vermögensdelikte.

Hervorzuheben ist zudem der starke Anstieg bei den Konkurs- und Betreibungsdelikten um 900% (+9 Straftaten). Dieser lässt sich auf eine erfolgreiche Sensibilisierungsarbeit der Kantonspolizei Nidwalden zurückführen, welche dazu beigetragen hat, dass das Betreibungs- und Konkursamt Widerhandlungen in diesen Bereichen der Polizei meldete. Der sehr gute Austausch zwischen dem Amt und der Polizei ermöglicht eine effizientere Bekämpfung dieser spezifischen Delikte. Diese optimierte Zusammenarbeit führt nicht nur zu einer höheren Aufklärungsrate, sondern dient auch der Abschreckung potenzieller Täter. Diese Entwicklung unterstreicht die Bedeutung von präventiven Massnahmen und einer starken interinstitutionellen Zusammenarbeit für die Sicherheit und Ordnung im Kanton.

Deutlicher Anstieg der polizeilich registrierten Gewaltstraftaten

Im Jahr 2023 wurde eine deutliche Zunahme bei den Gewaltdelikten (von 139 auf 166 Straftaten bzw. +19%) registriert. Die Anzahl Delikte im Bereich der schweren Gewalt – sie macht 1,2% aller Gewaltdelikte aus – ist mit zwei Straftaten im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (+1 Straftat bzw. +100%). Dabei handelt es sich um zwei Vergewaltigungen. Erfreulicherweise kam es auch im Jahr 2023 – wie bereits im Jahr 2022 – zu keinem Tötungsdelikt. Auch die minderschweren Gewaltdelikte haben insgesamt deutlich um 35% zugenommen (+31 Straftaten). Mengenmässig fallen dabei hauptsächlich die einfache Körperverletzung (+8 Straftaten bzw. +47%), die Tätlichkeiten (+14 Straftaten bzw. +23%) und die Nötigung (+6 Straftaten bzw. +120%) ins Gewicht. Ebenfalls musste eine erhebliche Zunahme bei der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (+5 Straftaten bzw. +250%) registriert werden. Diese Entwicklung spiegelt einen Trend wider, welcher nicht nur lokal, sondern auch national und international zu beobachten ist. Sie lässt auf einen gewissen Rückgang des Respekts gegenüber der Polizei und anderen Behörden schliessen. Auch die zunehmende Bereitschaft, Konflikte gewaltsam auszutragen, stellt eine ernsthafte Herausforderung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

Abnahme bei der digitalen Kriminalität

In der aktuellen Kriminalstatistik verzeichnet der Kanton Nidwalden einen bemerkenswerten Rückgang der digitalen Kriminalität in der Höhe von 23% (-53 Straftaten). Eine Entwicklung, die im Gegensatz zum nationalen Trend steht. Insgesamt wurden 174 Straftaten der digitalen Kriminalität verzeichnet. 111 Straftaten gab es beim Cyberbetrug und 3 Straftaten im Bereich der verbotenen Pornografie. Beim Cyberbullying oder Cybermobbing wurden 10 Straftaten registriert. Fälle von Sextortion (money) sind im Kanton Nidwalden um 45% (-10 Straftaten) zurückgegangen. Ebenfalls konnte eine markante Abnahme von sogenannten Money-Mule-Fällen (-42 Straftaten bzw. -88%) registriert werden. Diese positive Entwicklung dürfte nicht zuletzt auf die intensiven Präventionskampagnen, die die Kantonspolizei Nidwalden durchgeführt hat, zurückzuführen sein. Diese Massnahmen zielten darauf ab, das Bewusstsein und das Verständnis der Bevölkerung für die Risiken im digitalen Raum zu schärfen und über sicheres Online-Verhalten aufzuklären. Trotzdem besteht die Möglichkeit einer Trendumkehr, vor allem durch die rapide Weiterentwicklung der Technologien, welche Kriminellen neue Möglichkeiten bieten. Diese Akteure sind hoch adaptiv und finden stets neue Wege, um Sicherheitsmassnahmen zu umgehen und ihre illegalen Aktivitäten fortzusetzen. Angesichts dieser Entwicklung ist es unerlässlich, dass die Kantonspolizei Nidwalden im Bereich der Cyberkriminalität weiter in die personellen Ressourcen und in hochmoderne Technologien investiert. Die Notwendigkeit, die Bekämpfung der Cyberkriminalität auszubauen, spiegelt auch die zunehmende Bedeutung wider, die dem Schutz der digitalen Infrastruktur und der sensiblen Daten der Bürgerinnen und Bürger zukommt. Cyberangriffe können gravierende Auswirkungen auf die persönliche Sicherheit, die Wirtschaft und die gesellschaftliche Stabilität haben. Daher ist es essenziell, dass die Polizei mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet wird, um diesen Bedrohungen effektiv begegnen zu können.

Fälle von häuslicher Gewalt stark zugenommen

Die Anzahl Delikte im Kontext häuslicher Gewalt, welche tatsächlich auch zu einem Strafverfahren führte, hat im Kanton Nidwalden im Jahr 2023 deutlich um 80% (+33 Straftaten) zugenommen. 74-mal beschäftigte sich die Kantonspolizei Nidwalden im Berichtsjahr mit Einsätzen im Bereich der häuslichen Gewalt (2022: 41 Straftaten). Die Zunahme häuslicher Gewalt ist ein besorgniserregender Trend. Um der Zunahme wirksam zu begegnen und eine zielgerichtete Unterstützung für Betroffene gewährleisten zu können, ist die Implementierung einer Fachstelle für häusliche Gewalt, die Etablierung eines kantonalen Bedrohungsmanagements und die Anpassung der Gesetzgebung essenziell. So können kantonale Behörden zielgerichteter und effektiver auf die Problematik häuslicher Gewalt reagieren. Damit wird nicht nur der Schutz der Opfer verbessert, sondern auch zur Prävention von Gewalt und langfristig zu einer sicheren Gesellschaft beigetragen. Die Broschüre der Schweizerischen Kriminalprävention «Zuhause im Unglück» zeigt die Hilfsmöglichkeiten anschaulich auf (www.skppsc.ch). Speziell für Kinder wurde zu diesem Thema ein Faltblatt «Wenn’s gewaltig kracht zuhause …» erstellt.

Abnahme der Jugendkriminalität

2023 wurden deutlich weniger Jugendliche als Beschuldigte von Straftaten in der Kriminalstatistik verzeichnet (-57,5%, 20 Personen bzw. Gesamtanteil 6.6%; Vorjahr: 47 Personen bzw. Gesamtanteil 14,7%).

Erneute Abnahme der Betäubungsmitteldelikte: Kontrolldelikte mussten aufgrund der Arbeitsbelastung und der knappen Ressourcen erneut zurückgestellt werden

Im vergangenen Jahr hat die Polizei im Kanton Nidwalden 44 Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Anzeige gebracht (-13 Straftaten bzw. -23%). Grösstenteils handelte es sich dabei um Anzeigen wegen Konsum oder Besitz von Betäubungsmitteln (39 Straftaten bzw. 88,6%). Total konnten 97,7% der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgeklärt werden. Die hohe Aufklärungsquote ist typisch für die sogenannte Holkriminalität, zu welcher auch Betäubungsmitteldelikte gehören. Sie werden kaum durch Hinweise Dritter entdeckt, sondern durch polizeiliche Kontrollen (Kontrolldelikte) sowie Ermittlungen geklärt. Die Anzahl der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz ist seit Jahren rückläufig. Dieser Trend widerspiegelt die Auslastung der Polizei. Aufgrund der Bearbeitung von komplexen Sachverhalten, der Belastung durch die Alltagskriminalität und auf Grund der knappen Personalressourcen, musste die Kriminalpolizei Nidwalden die Bearbeitung weiterer wichtiger Deliktsbereiche, wie Betäubungsmitteldelikte, erneut zurückstellen, was in der Polizeilichen Kriminalstatistik entsprechend zum Ausdruck kommt.

Anzahl Suizide und Suizidversuche bleiben auf konstantem Niveau

Im Jahr 2023 wurden 5 Suizidversuche (2022: 8) und 21 Suizide (2022: 15) verzeichnet, wovon 13 (2022: 11) durch Sterbehilfeorganisationen begleitet waren.

Der detaillierte Jahresbericht (Kriminalstatistik 2023) kann unter www.nw.ch heruntergeladen werden.

 

Quelle: Kantonspolizei Nidwalden
Titelbild: Symbolbild © Vector Tradition – shutterstock.com